In verschiedenen Gemeinden, in denen ich dienen durfte, konnte ich immer wieder beobachten, dass der organisatorische Gemeindeapparat soviel Kraft, Zeit und Freude kostet, dass die Menschen regelrecht unter einer Last zu leben schienen.
Es schien mir teilweise, als hätten sich Prioritäten langsam verschoben. Anstatt, dass sich organisatorische und verwaltende Abläufe um die Gegenwart und Kraft Gottes drehten, ging es jetzt hauptsächlich um die Organisation und Verwaltung der Menschen und um die Einhaltung der traditionellen Regeln. Zu ihrem „normalen“ Leben, was schon anstrengend genug war, kam noch der ganze Stress um die Gemeindeabläufe.

Der Fokus lag auf der Arbeit, die zu tun war: die Gemeindeküche, das Putzen der Räume, die vielen Sitzungen dazu die Veranstaltungen und das Aufräumen danach. Dann die Botschaften, die entweder immer wieder trösten sollten, dass Gott da ist, mit uns geht, uns versteht und liebt wie wir sind, oder die herausfordernden Botschaften, die ein schlechtes Gewissen machten, weil man dachte, zu wenig für Gott zu tun.

Meistens drehte sich alles um sich selbst. Gott und Jesus waren dazu da, das Ganze zu segnen, um es leichter zu machen. Man war so beschäftigt mit den negativen Auswirkungen dieses Ablaufs, dass man nicht mehr dazu kam, dem eigentlichen Auftrag von Jesus nachzukommen. Es wurde dann immer wieder gepredigt, was wir alles tun sollten, aber es gab keine Vorbilder, die vorangingen, weil sie dazu gar keine Zeit hatten. Sie waren gebunden in Sitzungen und Seelsorge. Schlussendlich sind sie einfach müde. Der Auftrag des religiösen Geistes ist es, Veränderungen und Fortschritte in der Gemeinde durch religiöse Mittel zu verhindern und damit die Menschen geistig zu erschöpfen.

Als ich vor vielen Jahren im Vorstand einer pfingstlichen Jugendarbeit tätig war, konnte ich miterleben, wie sich eine Situation ereignete, die mir sehr unangenehm war. Der Jugendvorstand hatte ein größeres Jugendevent geplant, zu dem alle zwei Jahre die gesamte Jugend dieser Kirche eingeladen war. Das waren zu der Zeit 2500-3500 Jugendliche. Es wurde eine Halle gemietet. Das Programm bestand aus Workshops und Morgen- und Abendveranstaltungen mit Verkündigung und Musik. Wir luden christliche Musiker aus dem Inn- und Ausland ein. An einem Abend spielte ein deutschlandweit bekannter christlicher Musiker. Die Halle tobte. Die jungen Leute rannten nach vorne und fingen an zu tanzen. An diesem Abend waren einige Vertreter des Bundesvorstands dieser Kirche anwesend. Als sie die rhythmische Musik und die tanzenden Jugendlichen beobachteten, kam einer von ihnen zu uns und forderte uns auf, sofort einzuschreiten damit dieses „fleischliche Gezucke“ aufhört. Wir sollten die Veranstaltung abbrechen. Er argumentierte natürlich mit der Schrift und befand, dass diese Situation nicht Jesus verherrlichte, sondern das „Fleisch“. Wir waren ziemlich geschockt und versuchten diesen Schritt zu verhindern. Einer unserer jungen Mitarbeiter musste schlussendlich zu dem Musiker auf die Bühne, der mitten im Spielen war, und bat diesen abzubrechen. Völlig irritiert stand dieser auf, entschuldigte sich bei dem Publikum für die Unterbrechung und verließ die Bühne. Einer der Vertreter des Bundesvorstands versuchte den jungen Leuten zu erklären, dass wir hier eine geistliche Veranstaltung durchführen würden und es nicht zu Entartungen kommen sollte – er meinte das Tanzen und Klatschen zu dieser Musik. Es entstand in der Halle eine nicht geringe Fassungslosigkeit. Viele verließen aus Protest die Halle. Überall standen Jugendliche um ihre Leiter herum und diskutierten aufgeregt das Geschehen. Wir trafen uns in der Umkleide mit den Musikern, die überhaupt nicht nachvollziehen konnten, was wir da taten. Ihre Musik sei bekannt. Auf allen christlichen Büchertischen waren diese CDs in den Gemeinden zu kaufen und nun dies, argumentierten die Musiker. Wir entschuldigten uns demütig bei dem bekannten Musiker und versuchten zu erklären, dass wir uns dem Bundesvorstand unterzuordnen hätten. Es war ein peinliches Desaster. Wir standen nicht hinter der Auffassung des Vorstandsmitglieds, konnten uns aber nicht gegen ihn durchsetzen, da es sonst zu einem Bruch zwischen der Jugendleitung und dem Bundesvorstand gekommen wäre. So nahmen wir es lieber in Kauf, den Jugendlichen ein falsches Vorbild zu sein, weil wir den menschlichen Überlieferungen der Schrift folgten, anstatt dass wir unsere Verantwortung wahrnahmen zu glauben, dass Gott in der Sache war, und die Freude der Jugendlichen nicht gleich als Fleischeslust zu interpretieren. Wir beugten uns dem System der religiösen Kontrolle. Dass das Geschehen mit den Mitteln der Kontrolle unterbunden wurde, anstatt abzuwarten und zu sehen, was Gott in diesem Konzert noch vorhatte, macht deutlich, wie wenig Beziehung zu Gott den jungen Leuten zugetraut wurde. Gerade dort, wo starke Durchbrüche in der Vergangenheit zu verzeichnen waren, wie beispielsweise bei den Verantwortlichen dieser Kirche, die in vielen Bereichen Pioniere des Königreichs gewesen sind, findet jetzt eine übermäßige Vorsicht statt. Eine Form der Überwachung, damit ja nichts Falsches läuft. Das offenbart allerdings eine Vertrauenslosigkeit, der man mit Kontrolle begegnet, statt die Eigenverantwortlichkeit junger Leiter zu fördern und mit der Souveränität von Gnade und Kraft mögliche Fehler als effektive Lernfelder umzufunktionieren. Auch die starken Durchbrüche der Vergangenheit sind weder mit dem Mittel der Kontrolle noch durch formelles Einhalten von Regelwerken erzielt worden. Die Angst davor, die Begegnungen mit Gott und die Kraft darin zu verlieren, ließ es den Verantwortlichen notwendig erscheinen ein System zu etablieren, das Sicherheit durch Vermeidungsstrategien ermöglichte – mit den fatalen Folgen der Erstarrung geistlichen Lebens.

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