In meinem letzten Eintrag habe ich darüber geschrieben, dass Erweckung im Kern bedeutet aufzuwachen. Dieses Aufwachen äußert sich unter anderem darin, sich aus veralteten Strukturen aufzumachen, um die lebendige Beziehung zu Jesus zu suchen.

In diesem Eintrag will ich mich mit der Frage beschäftigen, was in der Kirchengeschichte passiert ist, so dass weite Teile der Christenheit sich von einer lebendigen, kraftvollen Urgemeinde hin zu einer aufgeklärten, rationalen und gleichzeitig kraftlosen institutionalisierten Form von Kirche entwickelt hat, in der nur noch wenig geistliches Leben stattfindet. Was die Christenheit sehr stark darin beeinflusst hat an Leben und Kraft zu verlieren, war die konstantinische Wende im 4. Jahrhundert nach Christus. Bis 303 n.C. waren die Christen noch verfolgt worden. 313 erlässt Kaiser Konstantin das Edikt von Mailand zum Schutz der Christen. Im folgenden wird das Christentum von ihm begünstigt und gefördert und 380 von Kaiser Theodosius zur Staatsreligion gemacht. Das Ergebnis dieser Entwicklung war, dass es gefährlich wurde, kein Christ zu sein. Heidnische Tempel wurden zerstört und es galt als Hochverrat, einer anderen Religion als der christlichen anzugehören. Das führte dazu, dass sich viele Menschen dem Christentum zuwandten, ohne tatsächlich eine lebensveränderte Begegnung mit Jesus gehabt zu haben. Die weltlichen Herrscher und Autoritäten gewannen Einfluss in Glaubensfragen und für ein Amt in der Gemeinde waren die politischen Beziehungen und finanzielle Mittel wichtiger als ein gutes Zeugnis und voller Geist und Wahrheit zu sein, wie es in Apostelgeschichte 6,3 als Kriterium für die Tischdiener genannt wird. Alle diese Punkte trugen dazu bei, dass die Kraft Jesu, die in der Urgemeinde so präsent gewesen war, weitestgehend verloren ging.
Die Gemeinde Jesu hatte ihre Sprengkraft zugunsten von politischem Einfluss, Sicherheit und Anerkennung verloren. In dieser Spannung befinden sich Christen zu jeder Zeit. Wenn wir Jesus nachfolgen wollen, dann müssen wir bereit sein, die Kontrolle an ihn abzugeben und von ihm abhängig zu werden. Das Aufgeben der Kontrolle führt zu zwei möglichen Reaktionen:

1. Die daraus entstehende Unsicherheit führt uns tiefer in die Abhängigkeit und dadurch auch tiefer in die Beziehung zu Jesus. Wir halten an dem fest was wir glauben, auch wenn Dinge geschehen, die wir nicht verstehen. Dieses Festhalten führt dazu, dass wir im Glauben wachsen. In Jakobus 1,3+4 steht „Ihr wisst ja, dass ihr durch solche Bewährungsproben für euren Glauben Standhaftigkeit erlangt. 4 Die Standhaftigkeit wiederum bringt das Werk zum Ziel: Ihr sollt zu einer Reife kommen, der es an nichts mehr fehlt und die kein Makel entstellt.“

2. Weil Menschen keine tragfähige Beziehung zu Jesus haben, suchen sie nach anderen Alternativen, die ihnen Sicherheit geben können. Sie ersetzen Jesus mit menschlichen Lösungen und nutzen Kontrolle und feste Strukturen, die das Leben aus Gott eingrenzen, um diese Spannung auszuhalten. Ein Beispiel hierfür sind die Pharisäer zur Zeit von Jesus. Durch sein Wirken erschütterte er die damalige Gesellschaft, was bei den Pharisäern eine Angst vor den Römern auslöste. Anstatt auf ihn zu vertrauen und sich verändern zu lassen, nutzten sie den politischen Geist, um Jesus töten zu lassen und so die Ursache ihrer Angst zu beseitigen. Sie arbeiteten mit Pilatus zusammen und manipulierten ihn, um ihre Ziele zu erreichen.

Diese Kooperation mit politischer Macht aufgrund des Wunsches nach Einfluss und Sicherheit war vermutlich mit ein Grund, warum sich die damalige Kirche dem Kaiser unterstellte und sich von ihm zu politischen Zwecken gebrauchen lies, anstatt weiterhin Jesus nachzufolgen und nach seiner Kraft zu suchen. Wir sind heutzutage in ähnlicher Weise herausgefordert, immer wieder die Kraft von Jesus zu suchen und in ihm zu bleiben und ihn nicht durch politische oder religiöse Systeme zu ersetzen.

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