Mit diesem neuen Thema auf meinem Blog möchte ich einige meiner Erkenntnisse und Erfahrungen über den Glauben und das Leben aus Glauben vermitteln. Ich begebe mich damit auf einen theologischen Grund, der mir zwar nicht fremd ist, aber es ist ungewohnt, mich inhaltlich hierüber schriftlich zu äußern. Mein Herzens Anliegen ist, dazu beizutragen, dass das Leben eines Christen in einer lebendigen Beziehung zu Jesus besteht und sich nicht in einem Dienst gegenüber der Form ausdrückt. In den nächsten Folgen beschäftige ich mich mit diesem Unterschied.

Wenn wir von Glauben sprechen, verstehen die meisten Menschen darunter eher ein Glaubenssystem als eine Beziehungsbeschreibung. Was meine ich mit Glaubenssystem? Es handelt es sich um ein System, das über Gott spricht, von Gottes mutmaßlichem Regelwerk, in dem Gott selbst allerdings völlig fehlt. Jesus drückt dieses Glaubenssystem so aus:

„Ihr irrt, weil ihr die Schrift nicht kennt, noch die Kraft Gottes.“       Matthäus 22:29

Er sagte dies zu Schriftgelehrten, also zu Glaubensprofis, die es eigentlich wissen müssten. Die Schrift zu kennen bedeutet aber nicht, jeden Abschnitt oder Vers der Schrift auswendig sagen zu können oder zu wissen, an welcher Stelle in der Bibel was genau steht, sondern eine Begegnung mit Gott, dem Autor, zu haben. Wenn Menschen gefragt werden, ob sie an Gott glauben, vernimmt man oft die Antwort, dass sie den Glauben nicht haben. Aus der Antwort lässt sich schließen, dass sie von einem christlichen Glaubenssystem gehört oder früher einmal darin involviert waren, diesem System jetzt aber fern sind. Sie sind mit einer bestimmten Vorstellung von Glauben in Berührung gekommen oder haben sich diese aus vielen Fragmenten von Überzeugungen zusammengestellt. Nicht selten hat diese Vorstellung wenig, vielleicht sogar gar nichts, mit der Person Jesus und seinem Heilsplan für die Menschen zu tun. Für viele setzt sich das Glaubenssystem aus Verboten, Regeln und einem Verhalten zusammen, das dem normalen Leben eines Menschen entgegensteht. Spaß zu haben, ist in dem Leben eines Menschen, der glaubt, ihrer Meinung nach oft nicht enthalten. Hier wird nicht von einem Glauben gesprochen, der einen Menschen in eine persönliche Beziehung zu Gott bringt.

Als die Schriftgelehrten und Pharisäer die Jünger Jesu beobachteten, sahen sie, dass sie sich vor dem Essen nicht die Hände wuschen, was einen Regelverstoß gegen die Reinigungsriten bedeutete. Sie kamen zu Jesus und fragten ihn:

„Warum leben deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Ältesten, sondern essen das Brot mit unreinen Händen?“ Markus 7:5

Mit ihrer Frage nach den unreinen Händen der Jünger Jesu wollten sie seine Autorität als biblischer Rabbi in Frage stellen. Die Antwort Jesu mit einem Zitat aus dem Buch Jesaja zeigt, in welchem Glaubenssystem die Gelehrten waren:

„Diese Leute ehren mich (Gott) mit ihren Lippen, doch ihre Herzen sind fern von mir. Vergeblich beten sie mich an, denn sie verkünden von Menschen aufgestellte Regeln, als seien sie Lehren. Ihr fallt ab vom Gebot Gottes und haltet euch an menschliche Überlieferung. Wahrhaftig, sagte er zu ihnen, ihr habt geradezu eine Kunst daraus gemacht, das Gebot Gottes zu verletzen, um eure Überlieferung zu halten.“
Markus 7:6-9

Die Schrift und ihre Gebote wurde von Menschen zu einem komplexen Regelwerk abgeändert, um den Status quo zu erhalten. Es wurde gelehrt, dass jeder, der diese Regeln hält, Gott verehrt. Es wurde eine Beziehung zu einem System vermittelt anstatt eine Beziehung zu einer Person – zu Gott selbst. In diesem Glaubenssystem werden die Herzen der Menschen von Gott ferngehalten und an die Kontrolle von den Menschen gebunden, die das Einhalten dieses Regelwerks überwachen, denn Regeln geben Macht über andere.

Wir erkennen in den Verhaltensweisen der Pharisäer ein Bemühen, die alten Traditionen aufrechtzuhalten und den Status quo festzuhalten. C. Peter Wagner führt in seinem Buch Changing Church aus, dass wir es mit dämonischen Mächten zutun haben, die daran erkannt werden, dass sie versuchen den Gläubigen davon abzuhalten, in der Beziehung zu Gott zu wachsen. Er beschreibt eine Strategie des religiösen Geistes, der versucht auf die gemeinschaftliche Gemeindestruktur zu zielen, indem er die religiösen Leiter in Machtpositionen veranlasst an den Traditionen der Ältesten festzuhalten und jede Veränderung zu vermeiden.
Religiöse Geister versuchen die Menschen davon abzuhalten, in der Gemeinschaft mit Gott zu wachsen, indem sie dem Gläubigen nicht erlauben, mit dem heiligen Geist erfüllt zu werden und dadurch in die Freiheit in Christus und die Erfüllung von Gottes Bestimmung für ihr Leben zu gelangen. Dazu gebrauchen sie Leiter einer vergangenen Zeit, der dem Stil des Alten Testaments entspricht, die religiöse Mittel einsetzen, wie zum Beispiel das Joch eines traditionellen Regelwerkes, das unter allen Umständen eingehalten werden soll. Genau diesem Denken der Pharisäer begegnete Jesus, als er das neue Zeitalter und das kommende Reich Gottes demonstrierte. Jesus beschreibt die Vorgehensweise der damaligen Hüter der Gebote und Gesetze wie folgt:

„Auf Moses Lehrstuhl haben sich die Schriftgelehrten und Pharisäer gesetzt. Deshalb gebt euch Mühe zu tun, was immer sie euch sagen. Aber tut nicht, was sie tun, denn sie reden, aber sie handeln nicht! Sie erlegen dem Volk schwere Lasten auf, doch sie wollen keinen Finger rühren, sie tragen zu helfen.“  Matthäus 23:1-4  (Hervorhebung durch den Autor)

Hier sehen wir die Enttarnung dieses religiösen Regelsystems. Es geht um ein „Tun-als-ob“ mit der heuchlerischen Legitimation eines großen geistlichen Führers, in diesem Fall Mose. Sie nutzten Mose, um ihre menschlichen Auslegungen als kontrollierende Instanz über Menschen zu bringen, damit sie selbst gut dastehen. Sie machten es ihnen aber nicht vor, sondern redeten nur davon und überwachten andere, ob sie es tun. Sie haben sich selbst an die Spitze des Glaubenssystems gesetzt. Die Menschen kamen dadurch mit der menschlichen Überlieferung anstelle von Gott selbst in Kontakt. Ein gesetzliches Regelwerk fühlt sich wie eine schwere Last an, weil es eine ständige Selbstkontrolle über das eigene Leben nötig macht. Paulus sagt dies trefflich zu den Galatern in seinem Brief an sie.

„Denn wer sich von der peinlich genauen Befolgung der Gebote abhängig macht, lebt unter einem Fluch, denn es steht geschrieben: verflucht ist jeder, der nicht alles tut, was in der Schriftrolle der Thora geschrieben ist. Darüber hinaus ist die Gesetzlichkeit nicht auf Vertrauen und Treue gegründet, sondern auf einen Missbrauch des Textes, der sagt: Jeder, der diese Dinge tut, wird durch sie Leben haben.“
Galater 3:10-12

Es ist also wie ein Fluch, zu versuchen durch das Einhalten des Regelwerkes Gott zu gefallen, weil es unmöglich ist alles zu tun, was es verlangt.

2 Comments

  1. Traditionen und Bräuche geben vielen Menschen auch Sicherheit und Struktur. Sie machen das Leben bunter und müssen nicht zwingend von einer lebendigen Beziehung zu Gott ablenken.

    • Hallo Stina, dagegen ist nichts zu sagen. Wenn aber Gebräuche & Strukturen das Wort und die Verehrung Gottes ersetzen, dann halte ich Gebräuche & Strukturen für glaubensfeindlich. So sagt es Jesus uns: Matth. 15, 6-9 und Mk. 7, 7-8 Kreativität in den Gebräuchen halte ich für sehr wertvoll, wenn sie nicht das Eigentliche, die Gegenwart Gottes in der Kreativität ersetzen. Denn dann bleibt nur noch eine hohle Form, statt Lebendigkeit, die durch das Leben, welches die Verbundenheit mit Jesus ist, möglich macht.

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